Bahnhof

Kartenausschnitt von 1959

Güstrow erhielt erst 1850 mit dem Bau der Mecklenburgischen Friedrich-Franz-Eisenbahn (MFFE) einen Eisenbahnanschluß nach Schwerin. Da der Staat Mecklenburg für die Entwicklung der Eisenbahn kein Geld hatte lag dies in den Händen privater Gesellschaften. Der erste offizielle Zug wurde am Montag, den 13. Mai 1850 abgefertigt obwohl das Empfangsgebäude noch nicht fertiggestellt war. Bereits am Sonntag davor waren Festzüge auf der Strecke unterwegs: der erste traf um 12.45 Uhr von Schwerin kommend in Güstrow ein und fuhr dann um 13.15 Uhr über Bützow nach Rostock. Das Empfangsgebäude wurde erst 1855 fertig gestellt. 1864 folgte als nächster Streckenabschnitt ein Gleis über Malchow nach Neubrandenburg. Dieses Teilstück diente in erster Linie der Fertigstellung der ab 1870 befahrenen Fernlinie Hamburg - Stettin. In den folgenden Jahren wurde das Schienennetz deutlich erweitert und der Bahnhof gewann an Bedeutung als Knotenpunkt und Umsteigebahnhof. 1882 wurde die Strecke nach Plau in Betrieb genommen, die man später über Pritzwalk bis an die Berlin - Hamburger Strecke verlängerte. Ab 1887 wurde die Strecke nach Schwaan befahren, die nun ohne Umstieg in Bützow eine direkte Fahrt nach Rostock möglich machte. Ebenfalls 1887 folgte das Gleis nach Plaaz, welches eine Reise nach Rostock über Laage ermöglichte. Das ursprüngliche Bahnhofsgebäude existiert bis heute. 1893 erhielt es einen Windfang zur Eingangsseite. Auch auf der Gleisseite errichtete man einen Wetterschutz über dem Ausgang. Regenschutzdächer über den Inselbahnsteigen kamen erst 1895 für den Bahnsteig 2/3 und 1899 für den Bahnsteig 4/5. Bis 1899 mussten auf dem Weg zu den Bahnsteigen die Gleise überquert werden, nun wurde zur Sicherheit der Reisenden ein Tunnel von der Empfangshalle zu den Bahnsteigen hin geschaffen. Die grösste Veränderung erfolgte um 1920, als der kleine Vorbau durch einen über die ganze Gebäudebreite reichenden neuen Eingangsbereich ersetzt wurde. Nach diesem Umbau gab es 4 Fahrkartenschalter, einen Gepäck- und Expressgutschalter sowie einen Schalter für Gepäckaufbewahrung. Zwei grosse Räume wurden durch die verpachtete Bahnhofsgaststätte genutzt. Neben dem Fernreiseverkehr auf den grossen Hauptstrecken Hamburg - Stettin und Berlin - Kopenhagen nahm auch durch die Industrialisierung der Stadt der Güterverkehr zu. So gab es neben der Anbindung des Binnenhafens am Güstrow-Bützow-Kanal zeitweise bis zu 16 privatwirtschaftliche Gleisanschlüsse. Ein Güterbahnhof entwickelte sich und ein Reichsbahnausbesserungswerk entstand. Der über den Bahnhof abgewickelte Güterverkehr nahm mit der nationalsozialistischen Aufrüstung durch die Ansiedlung von Heereszeugamt, Munitionsfabrik und Heeres-Speichern nochmals zu. Zudem war in Güstrow ab 1940 die "Frontleitstelle für den Wehrmachsurlauberverkehr Nord" angesiedelt. Dafür wurden auf dem Vorplatz 2 Baracken und eine weitere direkt am Gleis 1 in Richtung des Bahnübergangs EISENBAHNSTRASSE gebaut. Letztere wurde bis 1990 unter anderem von der Bahnhofsmission genutzt. Im 2. Weltkrieg gab es keine nennenswerten Zerstörungen. Nach dem Krieg erfolgte lediglich die Demontage diverser Gleisanlagen als Reparationsleistung. Über die DDR-Jahre hinweg verlor zwar der Ost-West-Verkehr an Bedeutung, aber die Anbindung nach Rostock gewann durch den Ausbau des Überseehafens. Güstrow wurde zu einem der wichtigsten Rangierbahnhöfe im Norden der DDR. Mit der Strecken-Elektrifizierung 1983 wurde die Fussgängerbrücke am Bahnübergang durch einen Personen-Tunnel ersetzt, der 1985 fertig gestellt war. Spätestens ab 1991 gingen der Güterverkehr und auch der Reiseverkehr drastisch zurück. Der Güterverkehr wurde schliesslich bis auf durchfahrende Züge ganz eingestellt und der Reisevekehr beschränkt sich heute auf Regional-Express-Züge und die S-Bahn-Anbindung nach Rostock. Gleisanlagen wurden in grossen Stil stillgelegt und zurück gebaut, das Reichsbahnamt besteht seit 1991 nicht mehr. 1994 wurden die technischen Dienststellen aufgelöst. Seit 2002 ist ein elektronisches Stellwerk in Betrieb über das von Berlin aus der Bahnhof bedient werden kann. So sind heute alle noch existierenden Stellwerke mit Spanplatten zugenagelt und bieten, ähnlich wie die übrigen noch existierenden Gebäude der Güstrower Eisenbahngeschichte, eher einen traurigen Anblick.